Welche Wege aus dem Dilemma gibt es? 80 Euro für ein Kilo Fleisch? Nein. BCG errechnet in derselben Studie, dass die Kosten durch eine nachhaltige Landwirtschaft deutlich gesenkt werden können. Das ist allerdings kein Arbeits- auftrag nur für die Bauern – um hier zu einem anderen, tragfähigen Modell zu kommen, müssen Politik, Gesellschaft, Lebensmittelhandel und Industrie an einem Strang ziehen. Unterm Strich können wir ökologisch also günstiger arbeiten als die konven- tionelle Landwirtschaft – vorausgesetzt, wir beziehen die tatsächlich entste- henden Kosten mit ein. Wenn unsere Landwirtschaft heute viermal teurer ist als das, was wir als Verbraucher*innen bezahlen, verschieben wir den Zahltag einfach in die Zukunft – das ist Dieb- stahl. Auf längere Sicht ist es deshalb wirtschaftlicher, die Landwirtschaft zu ökologisieren, indem wir die externen Kosten verringern. Natürlich verursacht auch die ökologische Landwirtschaft externe Kosten, aber in einem weitaus geringeren Maß. Und viele verantwor- tungsvolle Betriebe arbeiten konse- quent daran, sie weiter zu reduzieren. Wenn wir aber in Zukunft wiederholt Flutschäden und massenhafte Erdbewe- gungen haben, weil die Böden verarmt und instabil geworden sind durch den „Langfristig können wir mit einer ökologisierten Landwirtschaft günstiger arbeiten, weil sich die Kosten für die Folgeschäden reduzieren!“ jahrelangen Einsatz von Fungiziden, wenn wir weiter ausschließlich Humus abbauen und dessen Aufbau vernach- lässigen, wenn wir an unangebrachten Stellen Grünland in Ackerland umbre- chen und Moore trockenlegen, dann wird die Landwirtschaft immer teurer und teurer. Ich wäre im Übrigen ja dafür, auch hier nach dem Verursacherprinzip vorzugehen. Wie eigentlich überall sonst auch. Dann würden sich doch viele Unternehmen überlegen, ob sie bereit sind, die Haftung für die Schäden, die f o h s n n a m u a B , g r e b n e l l a C f o h r e n t r ä G © Öko-Pionier. Dietrich Pax war lange Jahre Vorstand von Demeter, gehört zahlreichen politischen Beratungsgremien an und ist Gründungsmitglied der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. (LVÖ). durch ihre Pestizide entstehen, zu über- nehmen. Wenn das Kilo Glyphosat statt 25 dann 2500 Euro kostet, müssen diese Kosten entweder an den Verbraucher weitergereicht oder der Pestizid-Einsatz verringert werden. Aber wir haben es hier mit dem Phänomen zu tun, dass die Gewinne privatisiert sind, das Risiko und die Folgekosten allerdings vergesell- schaftet. Es gibt deshalb schlicht keinen konventionellen Weg in die Zukunft. In den letzten Jahren werden doch immer weniger Pestizide ausgebracht? Rein mengenmäßig mag das stimmen. Aber die Tödlichkeit der einzelnen Gifte ist massiv gestiegen – bei manchen sogar um den Faktor 10. Ich würde mir wünschen, dass man jedes Pestizid rosa oder knallgelb einfärben muss. Einfach, damit offensichtlich wird, was da alles auf den Feldern landet. Aber nur mit Bio lässt sich die Weltbevölkerung doch gar nicht ernähren? Das ist ein Märchen. Wir müssen aber grundsätzlich umdenken, wichtig wäre eine Intensivierung der Landwirtschaft auf kleinerer Fläche und eine Ökologi- sierung von Flächen mit „Menschenfut- ter“, sprich, kein Viehfutter. Das kann man sehr plastisch berechnen: Breche ich den Pro-Kopf-Bedarf an verschie- denen landwirtschaftlichen Erzeug- nissen – Gemüse, Fleisch, Eier, Milch – auf die dafür benötigte ökologische Fläche herunter, kann ich sehr genau sagen, wieviel Fläche notwendig ist, um die Menschen weltweit mit ökolo- gischen Lebensmitteln zu versorgen. Anhand solcher Zahlen kann man valide errechnen, dass durchaus ausreichend Nahrung ökologisch erzeugt werden kann. Was aber stimmt: Wenn wir alles genauso machen wie bisher, wird es nicht reichen. Da zählt natürlich auch der ganze Bereich Food Waste mit rein. Es wird viel zu viel für die Tonne produziert. Und gleichzeitig müssen wir unseren Fleischkonsum deutlich reduzieren. Ohne dieses Umdenken wird es nicht gehen. *“ Die Zukunft der deutschen Landwirtschaft nachhaltig sichern“, Boston Consulting Group, 2019 13